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Der Architekt, der die Burg saniert (Esslinger Zeitung vom 07./08.09.2023)

Der Architekt, der die Burg saniert.

Dicker Turm und Burgstaffel, Schloss Ludwigsburg, Wilhelma Stuttgart und weitere geschichtsträchtige Gebäude: Der Hochdorfer Architekt Peter Reiner hat sich mit seinem Unternehmen Aedis auf die Sanierung von Baudenkmalen spezialisiert. Und engagiert sich für deren Erhalt – auch in seinem Heimatort.

 

Bestehendes zukunftsfähig gestalten

Peter Reiner hat mit einem kleinen Architekturbüro in Hochdorf angefangen. Das Aedis-Team ist mittlerweile auf Denkmalpflege spezialisiert.

Von Katja Eisenhardt

Hochdorf. Wir sitzen im Café, das nebst Wohnungen seit der umfassenden Sanierung durch Aedis-Fachleute im denkmalgeschützten Hochdorfer Weberhof untergebracht ist. 1570 wurde dieser ursprünglich als landwirtschaftliches Anwesen erbaut. Auch die Sanierung und Erweiterung des denkmalgeschützten Rathauses oder die Instandsetzung des Kirchturms der evangelischen Martinskirche in Hochdorf gehen auf das Konto von Architekt Peter Reiner und seinen Kollegen. Mit einem kleinen Architekturbüro haben der Hochdorfer und seine Frau Petra Zimmermann-Reiner vor rund 30 Jahren in ihrem Heimatort angefangen. „Damals ging es bei uns zu je 50 Prozent um Neubauten und die Sanierung von Altbauten“, erklärt Peter Reiner.

Schon bald zeigte sich aber, dass der Bedarf in der Denkmalpflege sehr groß ist. Seine Affinität für diese Sparte habe sich bereits nach dem Studium entwickelt, als er die Sanierung und Restauration der Esslinger Stadtkirche architektonisch begleitete, so Peter Reiner: „Damals war das noch nicht so präsent, dass Architekten bei Kirchenrestaurationen ebenso gefragt sind.“

Vor 20 Jahren schloss sich das Ehepaar Reiner mit den Restauratoren Albert Kieferle und Georg Schmid zusammen. Zu Schmids Fachgebiet zählen etwa Wandmalereien und Vergoldungen, so Reiner. Er und die beiden Restauratoren wurden zum Gründertrio des in den vergangenen zwei Jahrzehnten personell stark gewachsenen interdisziplinären Büros Aedis für Planung, Restaurierung und Denkmalpflege. Nach mehreren Standortwechseln in Hochdorf ist Aedis 2017 in einen Neubau ins benachbarte Roßwälden umgezogen. Das heute gut 40-köpfige Team aus vor allem Architekten, Restauratoren und Handwerkern hat seinen Schwerpunkt auf die Bearbeitung bedeutender Kulturobjekte und historischer Bauwerke und damit auf die Denkmalpflege gelegt und ist regional sowie verstärkt innerhalb Baden-Württembergs und teils weiterer Bundesländer im Einsatz.

Dazu international in vor allem beratender Funktion in Kooperation mit der Firma Kärcher. Über deren Kultursponsoringprogramm setzen sich die Kärcher-Reinigungsspezialisten weltweit für den Erhalt historischer Monumente und Gebäude ein. Die Aedis-Experten waren bereits bei mehreren Projekten beratend involviert, etwa in der Verlorenen Stadt in Peking, bei der Kathedrale in Santiago de Compostela oder auch der Freiheitsstatue in New York. „Wenn man solche Gebäude und Monumente reinigt, ist vorab zu klären, was anschließend getan werden muss, um den Effekt zu erhalten und was es zu beachten gilt, damit keine Schäden entstehen. Das ist unser Part“, erklärt Peter Reiner.

„Wir bieten von der Beratung und Planung bis hin zur Restaurierung und Sanierung alles aus einer Hand an. Das kam bei unseren Auftraggebern, zu denen vor allem das Land Baden-Württemberg, Städte, Gemeinden und Kirchen gehören, von Anfang an sehr gut an“, ergänzt der Architekt. Regional waren die Restauratoren und Steinmetze von Aedis 2022 etwa mit dem Eingangspavillon der Wilhelma Stuttgart, erbaut im 19. Jahrhundert, beschäftigt. Dort galt es, die sogenannte Laterne aus Sandstein über dem Kupferdach zu restaurieren. Auch an den Stuttgarter Wagenhallen, dem Schloss Hohenheim, dem Schloss Ludwigsburg, aktuell bei der Reinigung und Konservierung der Grabsteine eines jüdischen Friedhofs in Wankheim bei Tübingen oder noch bis 2027 mit einem Großprojekt an der Basilika in Weingarten waren und sind die Experten im Einsatz – um nur einen kleinen Teil der interessanten Projektliste zu nennen.

Zu den besonderen Aufträgen zählt laut Peter Reiner auch die Esslinger Burg. Dort läuft derzeit der dritte Bauabschnitt im Burgsaal des Dicken Turms an. Die Burgstube wurde bereits saniert. Ziel ist eine multifunktionale Nutzung der oberen Geschosse für Führungen, private Feiern, Ausstellungen, Konzerte oder Lesungen. Der erste Bauabschnitt drehte sich um den Seilergang zur Burg hinauf. Dort galt es, neben der Sandsteinmauer zudem die unter den 600 Jahre alten als Nonnen und Mönche bezeichneten Dachziegeln des Wehrgangs liegende Holzkonstruktion zu restaurieren. Reiner: „Das war eine große Herausforderung, da die Ziegel dabei nicht angehoben werden durften, um sie nicht zu schädigen.“ Einzelne der oben liegenden Mönch-Ziegel wurden durch die Experten durch neu hergestellte ersetzt.

Das Ziel von Aedis sei es, Bestandsbauwerke zu erhalten und auf ökologischer und nachhaltiger Basis zukunftsfähig zu gestalten und so erlebbar zu machen. Von Denkmalen und den bei ihrem Bau verwendeten Materialien könne man viel lernen, betont Reiner. Heute spiele etwa die energetische Sanierung eine wichtige Rolle, ob Gebäude aus den 70er Jahren seien oder jene mit mehreren hundert Jahren auf dem Buckel. „In Sachen intensiver Nutzung, was ein Aspekt bei der Sanierung des Dicken Turms der Esslinger Burg ist, scheiden sich besonders bei der Denkmalpflege immer wieder die Geister. Wenn es aber gut gemacht ist, dann dürfen solche historischen Gebäude intensiv genutzt werden. Wenn sie besucht werden können, dann wird auch künftig in deren Erhalt investiert“, so Reiner.

 

Rund 40 Experten ziehen fachübergreifend an einem Strang

Aedis – Der Name des in Hochdorf gegründeten und seit 2017 im benachbarten Roßwälden ansässigen Architekturbüros ist laut Peter Reiner eine Eigenkonstruktion:  „ Er leitet sich vom lateinischen aedificium ab, was sich mit ‚Bauwerk‘ oder ‚Gebäude‘ übersetzen lässt.“ Die drei Säulen des Büros sind die Planung, Restaurierung und Denkmalpflege.

Experten – Zum Team gehören Architekten, Restauratoren, Steinmetze, Zimmerer, Maurer, Bauzeichner, Bauingenieur und -techniker, Geowissenschaftler, Innenarchitekten, Kirchenmalermeisterin sowie Fachleute für die historische Bauforschung und Denkmalpflege. Eis

Mehr Infos findet man unter https://aedis-denkmal.de

 

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