Ihr Herz schlägt für den Dicken Turm. Und weil sie nicht länger zuschauen wollten, wie das Esslinger Wahrzeichen ein Schattendasein führt, gründeten engagierte Bürger vor vier Jahren die Initiative Turmwächter. Vom ersten Tag an hatten sie kräftig gewirbelt, um das historische Gemäuer wieder in den Fokus zu rücken – nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch bei Stadträten und Stadtverwaltung. Die ersten Früchte ihrer Arbeit konnten die Turmwächter bereits ernten: Der Gemeinderat hat 2016 beschlossen, bis 2029 rund 2,6 Millionen Euro in die Erhaltung der Gebäudesubstanz der ganzen Burganlage zu investieren. Doch angesichts des erheblichen Sanierungsstaus ist das noch lange nicht genug. Weitere 2,4 Millionen Euro soll die Innensanierung des Dicken Turms kosten, für die die Kommune nicht aufkommen wird. Um dieses Geld aufzubringen, wollen die Turmwächter gemeinsam mit dem Burgverein Spenden zusammentragen. Denn sie haben ihr großes Ziel fest vor Augen: „Viele Esslinger wünschen sich schon lange dass der Dicke Turm für die Bürger wieder erlebbar wird“, sagt Petra Helmcke, die Sprecherin der Initiative.
Um ihre Kräfte noch besser zu bündeln, arbeiten Turmwächter und Burgverein inzwischen Hand in Hand – mit Cornelius Hauptmann sitzt ein Vertreter der Initiative im Vorstand des Burgvereins. „Es ist ein Glücksfall, dass zwei Organisationen dasselbe Ziel verfolgen“, sagt Petra Helmcke. Auch wenn die Turmwächter ihr wichigstes Ziel bereits erreicht haben, den Dicken Turm in der Stadt wieder zum Thema zu machen, ist ihre Arbeit noch lange nicht getan. „Wir werden den Weg weiterhin konstruktiv begleiten und gerne unseren Rat einbringen“, sagt Svenja Fleckenstein, die als Architektin auch fachliche Expertise beisteuern kann. „Unser wichtigstes Ziel ist es jedoch, die Herzen vieler Menschen für den Dicken Turm zu öffnen. Das muss ein Gemeinschaftswerk vieler Esslinger sein. Jeder, den wir dafür gewinnen können, hilft.“
Klar ist, dass sich die Innensanierung des Dicken Turms nicht auf einmal realisieren lässt. Deshalb soll der Weg in Etappen zurückgelegt werden. Zunächst soll die Burgstube im zweiten Obergeschoss wieder nutzbar gemacht werden – 600000 Euro sind dafür veranschlagt. Dazu wollen die Turmwächter so weit wie nur möglich beitragen. Und sie dürfen sich auf starke Helfer verlassen. So hat der Verein Haus & Grund anlässlich seines 100-jährigen Bestehens 2000 Euro überwiesen – und das aus gutem Grund, wie der Vorsitzender Hermann Falch betont: „Wir haben zum Jubiläum insgesamt 8000 Euro für den Erhalt wichtiger bauhistorischer Wahrzeichen in Esslingen beigesteuert – neben dem Dicken Turm waren es die Rathausuhr, die Frauenkirche und der Staffelsteiger-Verein, die wir unterstützt haben. Und wir sind überzeugt, dass unser Beitrag zur Sanierung des Dicken Turms bei den Turmwächtern gut aufgehoben ist. Die Initiative hat sich sehr für dieses Anliegen eingesetzt.“ Dass sich Haus & Grund für den Dicken Turm engagiert, freut Falch auch ganz persönlich: „Mein Vater hat damals den Umbau des Restaurants architektonisch betreut. Da hat man ein besonders enges Verhältnis zu diesem Gebäude.“
Weil das auf viele Esslinger zutrifft, kommen immer wieder Spenden in die Turmwächterkasse. Neben vielen kleinen Beiträgen darf es durchaus auch mal ein größeres Sümmchen sein – stolze 2000 Euro hat etwa der „Jedermänner“-Stammtisch aus Esslingen überwiesen. Zwei seiner Mitglieder, Otto Ernst und Erhard Bender, hatten sich zu ihren runden Geburtstagen statt Geschenken Geldspenden für den Dicken Turm gewünscht. Pro Person kamen 500 Euro zusammen – Otto Ernst und seine Frau Ursula haben aus ihrem Portemonnaie nochmal 1000 Euro draufgelegt. Solche Unterstützung freut Petra Helmcke: „Wir verstehen das als Zeichen der Wertschätzung für den Dicken Turm und als Vertrauensbeweis unserere Arbeit gegenüber.“ Mehr als 12000 Euro wurden auf diese Weise bereits gesammelt, und Svenja Fleckenstein und ihre Mitstreiter hätten bereits eine gute Idee, wie das Geld, das die Turmwächter zusammentragen, am Ende verwendet werden könnte: „Auch wenn unser Beitrag angesichts des hohen Kostenrahmens nur ein kleiner sein kann, würden wir uns wünschen, dass das Geld für etwas Konkretes verwendet wird – am liebsten für die Eingangstür. Dann hätte jeder Esslinger, der dafür gespendet hat, das Gefühl, dass auch seine Spende darin enthalten ist.“
Von Alexander Maier
Esslinger Zeitung 01.02.2018